Zugig 3

Die Bedeutung des Zugverkehrs, vor allem für Frachten, lässt sich heute angesichts endloser LKW-Kolonnen kaum noch unmittelbar ermessen. Und dennoch haben die Eisenbahnlinien in einem ganz entscheidenden Maße zur industriellen Entwicklung bestimmter Gegenden beigetragen. Für die explosionsartige Erweiterung der Produktion in Solingen um 1900 waren sie unerlässlich und die einzig damals denkbare Voraussetzung. Insofern kann man, auch wenn die Solinger heute über schlechte Bahnverbindungen klagen, Solingen als Industriestadt als eisenbahn-gefördert ansehen.

 

Als es noch die "Korkenzieherbahn" gab, die Strecke von Solingen nach Vohwinkel, sah der Fahrplan der Personenzüge dieses vor:

Sie hatten vier Klassen, 1. gepolster, 2. bequem, 3. Holzbänke und 4. Viehtransport-geeignet.

Die Strecke war 15 km lang. Die reine Fahrzeit betrug 28 Minuten, bedingt durch Aufenthalte auf den Bahnhöfen insgesamt 1 Std. 4 Minuten.

Solingen N steht für Nord, am Schlagbaum (heute Platz eines Getränkehandels).

15.11.1887: Eröffnung der Strecke Vohwinkel—Wald
12.2.1890: Weiterführung Wald—Solingen

Aufnahmen: Stadtarchiv Solingen, reproduziert in "Das BW Solingen-Ohligs", Doku der BD Köln

 

In Ohligs, direkt unterhalb der Berliner Brücke, stand einst ein Lokschuppen mit Bewässerungs- und Bekohlungsanlage. In Ohligs waren, ebenso wie in Lennep und Vohwinkel, Lokomotiven "beheimatet", die den Personenzügen auf diesen Strecken vorgespannt wurden.

25.9.1867: Der Streckenabschnitt Haan—Ohligs—Opladen sowie Ohligs —Solingen-Weyersberg nehmen den regulären Betrieb auf: Noch ist die Strecke weder bis Köln noch bis Wuppertal durchgängig.

Ohligs wächst sprunghaft:
1816 = 3.500 Einwohner
1868 = 7.841
1913 = 30.215

 

 

1961 wurde der Schuppen abgerissen. Damals stand auch noch noch das alte Bahnhofsgebäude mit dem charakteristischen, viel zu kurzen Dach.

16.7.1897 Solingen—Remscheid geht in Betrieb, die Müngstener Brücke ist eröffnet

Der Bahnhof Weyersberg war bis um 1925 noch Güterstation

Ab 1907 betreuten im Bahnwerk Ohligs 57 Arbeiter 10 Lokomotiven

Um 1925 arbeiteten in Ohligs um 120 Beschäftigte in der Betriebsstätte

 

Das alte Bahnhofsgebäude.

15.5.1933 erhält der Bahnhof in Ohligs den Namen "Solingen-Ohligs"

 

 

 

 

 

 

Die untere Aufnahme wird auf um 1900 datiert. Es fällt auf, dass der rechte Anbau kürzer ist. Offensichtlch ist später eine Blendmauer angebaut oder es wurde erweitert. Ebenfalls scheint die Laterne versetzt worden zu sein.

 

Die Lok ist eine T 9.1, auch "Bahnhofshund" genannt.

 

Winteridylle im Bahnhof Ohligs. Die gebogenen Schienen vorne rechts führen nach Solingen, die geraden links zum Bild raus nach Opladen, "hinten" geht es nach Haan—Vohwinkel und eine Abzweigung nach Hilden—Düsseldorf.

14.5.1950 Das BW Ohligs wird aufgelöst, es ist "nur noch" Lokstation

1961 Der Bahnhof Ohligs wird unmgebaut, das Bahn- und Betriebswerk hat ausgedient

Diese Baureihen waren, chronologisch, in Ohligs stationiert:
T 7
T 9.1
T 11
BR 74
BR 91
BR 94
BR 44
BR 57
 

Zeichnung: Rudolf Inkeller


Das Bahnwerk Ohligs in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit.
5 Lokokomotiven und einige Dutzend Arbeiten konnten es sich darin gemütlich machen.

 

 

Das Bahnwerk einst - und das Foto zeigt noch sehr genau die Details des alten Ohligser Bahnhofes, von dem der Mittelbahnsteig und der kleine rechts noch fast original erhalten sind sowie das Gebäude für die Stückgut-Fracht ganz rechts. Die Gleise sind allesamt noch so erhalten, wie auf diesem Bild zu sehen.

Rudolf Inkeller: Zwischenhalt, Das Bahnbetriebswerk Solingen-Ohligs;
U1 und U4

 

 

In diesen Tagen werden einmal jährlich zum Brückenfest wieder Dampfzüge eingeheizt. Die Lok der BR 65 steht exakt auf dem Gleis, das einst in den Lokschuppen führte.

 

Der Ohligser Bahnhof vor dem 2. Weltkrieg aus der Vogelperspektive

Aufnahme: Stadtarchiv Solingen

 

Ausschnitte in der Vergrößerung:

 

Die kath. Kirche St. Joseph direkt an der Hackhauser Straße. Die Brücke, heute Berliner Brücke, ist leicht anderer Linienfährung. Der Zweibrücker Hof an der Mühlenstraße existiert noch (unten rechts). Bildmitte, wo Bäume zu sehen ist, steht seit etlichen Jahrzehnten ein Ärztehause. Die Häuser oben rechts, an der Wilhelmstraße, sind in etwa noch erhalten.

 

Oben links die gerade Straße ist die Talstraße. Links Bildmitte ist der Lockschuppen (Zeichnung siehe oben) gut zu erkennen, eine Dampflok steht davor, drei sind rechts abgestellt, vor dem Kohlenbunker 4 Waggons mit Nachschub. Rechts ein nach dem Kriege nicht mehr existentes Bahngebäude. Rechts unten im Bild in etwa das Areal, auf dem später der OBI zu Hause war.

 

Der Bahnhof in seiner ganzen Pracht mit der legendären "Jammerbrücke", die vom Ende der Sauerbreystraße direkt auf den Bahnhofvorplatz führte. Dort das Hotel Kaiserhof, nach oben weg der Beginn der Düsseldorfer Straße, das Gebiet links oben im Bild ist der heutige Keldersplatz. Genau in der Bildmitte die "Victoria Bunte Bühne", ein Varieté, das noch bis zur Währungsreform 1948 bestand und dann wegen Geldmangel geschlossen wurde (wer hatte damals Geld für Kunst?). Von den Häusern der Steinstraße (Bildmitte nach links unten) stehen noch einige, an der Ecke zur Sauerbreystraße längst ein Wohnneubau. Dort, wo oben rechts der helle Anbau an das zentrale Bahnhofsgebäude zu erkennen ist, toben jetzt die Kids bei McDonalds.

 

Wie stark sich die Eisenbahn ins Ohligser Stadtbild einnistet, zeigt diese Luftaufnahme. So gesehen ist Ohligs "um die Eisenbahn drumhrum gebaut".

 

Verlag Schöning, Lübeck
courtesy: Peter Wilmanns