Vergilbte Zeitungen 2

Zeitungen sind die gedruckten Nachfahren der Bänkelsänger, Märchenerzähler, Hausierer, Wanderburschen und Waschweiber. Erst um 1750 herum entwickelten sich die ersten Wochen- und Monatsblätter, im 19. Jahrhundert setzte dann, gefördert durch die Schnellpressen und viel später durch Maschinensatz, der eigentliche Zeitungsboom ein. Dennoch blieben die meisten Zeitungen lokale Nachrichtenträger, obwohl gemessen an heute noch viel, waren es nie wirklich sehr viele Tageszeitungen, die überregionale Bedeutung bekamen. Leser schätzen, das ist der geldwerte Vorteil eines Lokalzeitungsverlages, nun einmal die Neuigkeiten aus dem Schatten des Kirchturms.

 

1920

Solinger Tageblatt
3. April
Nr. 72
111. Jahrgang.
 

 

Nachkriegszeit. Die Lebensmittel waren mehr als knapp. Um einer - später nicht zu verhindernden - Inflation vorzubeugen, wurden Preisobergrenzen festgelegt. Wer etwas essen oder trinken wollte, musste von der Behörde eine Bescheinigung dafür haben. Ein Horroszenario, noch nicht einmal 100 Jahre her.

 

 

Die Polizei kümmert sich um Schornsteine. Aber man darf die heutige Polizei nicht mit der damaligen vergleichen, denn da gingen Aufgaben und Befugnisse der Verwaltung nahtlos in die Polizeibehörden über. Sie waren eine Art Ordnungs-Organisationsbehörde, denn noch herrschte Preußen, ein Staat, der Revolutionen nicht zuließ, weil das Betreten des Rasens verboten war.

 

 

In einen Verein einzutreten, können sich heutige Jugendliche ja noch vorstellen. Doch wie man Jungfrau bleibt, nicht mehr. Kein Wunder, dass die Nähstunden am Stöckerberg nicht mehr stattfinden. Und ehrlich gesagt, wer wollte auch schon als jungfräuliches Nordlicht herumlaufen ... ?!

Nur die jungen Mädchen im Klub waren wieder mal der Zeit voraus. Heute gilt Beach-Volleyball als so modern und neu, dass selbst die CDU nunmehr jährlich ein Turnier in den Clemensgalerien veranstaltet, um sich das Image des Zeitgeistes zu verpassen. Solinger junge Mädchen spielten früher Fangball, und zwar bei gutem Wetter um ¾7 Uhr im Volksgarten. Das war auch nichts anderes !!!

 

 

Wer war Ernst-Moritz Arndt? Selbst die Weegerhofer, wo eine Straße nach ihm benannt ist, werden es kaum wissen. Aber hier naht Aufklärung:



(Hatte selbst das Vergnügen, teils auf nämlichem Wege im Weegerhof als Kind bei meinen Großeltern leben und spielen zu dürfen. Mit Hühnern hinterm Haus.)

 

 

Damals wie heute: Die Verwaltung verwaltet die Armut. Ob die öffentliche oder die private, auch das bleibt gleich. Geändert hat sich nichts. Allenfalls die Schrift in der Zeitung.

 

 

Diät auf makabre Art und Weise: 150 gr. Fleisch zählt heute als ausgesprochen gesunde Bescheidenheit. Die 11.80 Mk. für das Pfund würden gemessen am Einkommen heute so etwas wie mehrere hundert Euro darstellen. Unvorstellbar.